08.02.2022 – Wissenschaft & Forschung
MS Diagnostik Insights: Elektroenzephalographie (EEG)
Die Frühsymptome einer Multiplen Sklerose sind oft unspezifisch und können auch auf andere Erkrankungen hinweisen. Daher ist eine genaue Abklärung wichtig. Doch es gibt keinen einzelnen Test, mit dem allein Multiple Sklerose festgestellt werden kann. Die Diagnose „MS“ ist eine Ausschlussdiagnose.
Das bedeutet, die Neurologin oder der Neurologe muss zunächst zahlreiche andere Erkrankungen, die als Ursache für die geschilderten Symptome in Frage kommen, ausschließen, bevor sie oder er eine Multiple Sklerose feststellen kann. Dies geschieht im Rahmen einer umfassenden klinischen Diagnostik. Dazu gehören neben der Besprechung aktueller Symptome und der Krankenvorgeschichte verschiedene neurologische und technische Untersuchungen sowie Labortests. Eines der Verfahren, das vor allem zur Sicherung der Diagnose MS zum Einsatz kommt, ist die Elektroenzephalographie (EEG).
Gehirnströme sichtbar machen
Viele Organe erzeugen messbare elektrische Signale. Ein bekanntes Beispiel ist die Elektrokardiografie (EKG), mit der die elektrischen Ströme im Herzen sichtbar gemacht werden können. Auch die Nervenzellen des Gehirns erzeugen charakteristische Ströme. Ähnlich wie beim EKG lassen sie sich mit Elektroden von der Körperoberfläche „ableiten“. Diese Messung wird als Elektroenzephalogramm (EEG) bezeichnet.
Zur Multiple-Sklerose-Diagnose bietet sich ein EEG an, um die Nervenimpulse zu messen, die als Reaktion auf einen bestimmten vorgegebenen Seh- oder Hörreiz entstehen. Das EEG wird nach Form, Frequenz und Amplitude der Wellen beurteilt: So geben ein verlangsamter Grundrhythmus oder Herdbefunde (örtlich begrenzte Veränderungen der Hirnaktivität) Hinweise auf Funktionsstörungen des Gehirns. Das EEG wird als Diagnostikmethode, aber auch zur Behandlungs- und Verlaufskontrolle eingesetzt.
Ablauf einer Elektroenzephalographie
Das Erstellen eines EEG dauert 20 bis 30 Minuten und findet in entspannter, möglichst ruhiger Haltung im Liegen oder Sitzen statt. Bei einer Routineuntersuchung werden üblicherweise 21 Oberflächenelektroden mit einer Haube auf der Kopfhaut fixiert. Diese Haube ist mit einem Computer verbunden, der die relativ schwachen Impulse verstärkt und wellenförmige Bilder erzeugt. Ein Kontaktspray oder -gel sorgt für eine optimale Verbindung zwischen Kopfhaut und Elektroden. Die Haare stören bei der Untersuchung nicht. Sie sollten aber frisch gewaschen sein und ohne Rückstände von Festiger oder Haarspray.
Während der Untersuchung gibt eine medizinische Fachkraft Anweisungen, zum Beispiel die Augen zu öffnen oder heftig ein- und auszuatmen. Durch das Setzen bestimmter Reize wird die Hirnaktivität angeregt. Diese bewusst herbeigeführten Ausschläge, sogenannte evozierte Potentiale (evozieren = hervorrufen), geben Aufschluss darüber, inwieweit die Nervenbahnen der sensorischen, akustischen und visuellen Sinne – also Empfindung, Motorik, Gleichgewicht Hören und Sehen – betroffen sind. Typisch für MS ist beispielsweise, dass auf Lichtreize oder Klicklaute zeitlich verzögert reagiert wird.
Weitere Säulen der MS-Diagnostik
Ein EEG allein kann eine MS nicht sicher diagnostizieren. Hierfür sind weitere Untersuchungen notwendig. Neben verschiedenen neurologischen Tests, bei denen beispielsweise Kraft, Koordination und Reflexe überprüft werden, kann eine Analyse der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquorpunktion) Anhaltpunkte liefern. Denn bei MS führen entzündliche Veränderungen im Gehirn und Rückenmark dazu, dass die Werte für bestimmte Abwehrzellen und Antikörper erhöht sind.
Eine unverzichtbare Methode für die Diagnose und Verlaufskontrolle der MS ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Bei der MRT ermöglichen starke Magnetfelder eine präzise schichtweise Darstellung der Strukturen von Hirn und Rückenmark. Neben entzündlichen Veränderungen kann mit dieser sehr empfindlichen Messmethode auch das Absterben von Nervenzellen gezeigt werden.