15.02.2023 – Familie & Partnerschaft
Studentin Maraike erzählt aus ihrem Leben mit MS
Und auch wenn mein Arzt versucht hat, mir das Ganze schonend beizubringen, hat es gedauert, bis ich die Diagnose verarbeiten konnte.
Es fing eigentlich damit an, dass ich erhebliche Sehstörungen hatte: Alles erschien mir verschwommen oder irgendwie diffus. Auch Farben habe ich seltsam verändert wahrgenommen. Etliche Untersuchungen bei diversen Ärzten später hat ein Neurologe dann unter Einbeziehung meiner MRT-Bilder und anderer Untersuchungsergebnisse anhand einer Ausschlussdiagnose Multiple Sklerose diagnostiziert. Das war erstmal ein echter Schock für mich. Als ich die Diagnose gehört habe, ging mir natürlich direkt die Frage durch den Kopf, was das für meine Zukunft bedeutet: für meinen Freund und mich, unsere Familienplanung und auch beruflich. Damals habe ich schon studiert – Geschichte und Germanistik auf Lehramt.
Wütend, traurig, ängstlich und dann wieder hoffnungsvoll: Die ersten Wochen nach der Diagnose waren eine Achterbahn der Gefühle – nicht nur für mich, sondern auch für meine Eltern und Luis, meinen Freund. Ich weiß gar nicht, was ich ohne deren Unterstützung gemacht hätte. Sie waren immer da, wenn ich jemanden zum Reden, Zuhören oder Anlehnen gebraucht habe und das hat mir gerade in der ersten Zeit unglaublich gutgetan. Sehr geholfen hat mir auch das Team in der Neurologischen Praxis. Dort wurde mir von Anfang an alles genau erklärt und ich habe mich mit meinen Fragen und Sorgen immer ernst genommen gefühlt. Außerdem habe ich eine sehr nette MS-Schwester, die mir bei praktischen Fragen schon viele gute Tipps gegeben hat.
Normalerweise komme ich mit meinem Alltag inzwischen gut zurecht. Mittlerweile habe ich eine regelmäßige Medikation und merke meist wenig von meiner Krankheit. Im Umgang mit der MS bin ich viel souveräner geworden – auch was meine Gefühle angeht. Natürlich gibt es immer wieder mal Tage, an denen ich unzufrieden bin, aber das geht anderen Leuten ja auch so. Eigentlich versuche ich, jedem Tag die Chance zu geben, ein guter Tag zu werden.
Morgens stehe ich normalerweise nicht allzu spät auf. Häufig frühstücke ich zusammen mit meinem Freund. Das ist so ein kleiner gemeinsamer Genuss-Moment, den ich richtig genieße – da fällt mir das Aufstehen gleich ein bisschen leichter. An den meisten Tagen macht sich die Krankheit aber kaum bemerkbar.
In der Regel fahre ich mit dem Fahrrad, wenn ich zur Uni muss. Allerdings nehme ich lieber die Bahn, wenn ich es eilig habe oder es sehr warm ist. Damit fühle ich mich sicherer, weil ich gemerkt habe, dass meine Problematik sich bei Hitze oder starker körperlicher Anstrengung gern mal verschlechtert. Dann fallen mir plötzlich alltägliche Dinge schwer, beispielsweise Bildschirmarbeit, lesen oder Dinge abschreiben.
Ich bin auch ziemlich lichtempfindlich. Grelle Beleuchtung oder direkte Sonneneinstrahlung bekommen mir nicht gut. Drinnen ziehe ich dann einfach die Gardinen zu oder lasse den Rollladen etwas herunter. Im Freien helfe ich mir mit einer Sonnenbrille. Die habe ich mittlerweile auch bei meinen Hiking-Touren mit im Rucksack – so selbstverständlich wie meine Wanderschuhe an den Füßen. Wenn ich Probleme mit den Augen habe, gehe ich natürlich nicht auf Tour. Aber meist geht es mir ja glücklicherweise gut und ich liebe einfach die Bewegung in der Natur und genieße das Wandern heute fast noch mehr als vor meiner Diagnose. Vielleicht weil ich nicht mehr alles als selbstverständlich nehme.